Main-Post, Würzburg , 15-6-2002



Afghanische Frauen leiden weiter
Fortschritte nur unter ausländischem Druck

Von unserem Redaktionsmitglied
Susanne Vankeirsbilck


Würzburg: Shahla Asad bleibt skeptisch. Auch mit der "Loja Dschirga" wird die Demokratie keinen Einzug in Afghanistan halten, ist sich die 31-Jährige sicher. Zuviel sei im Vorfeld der Großen Versammlung, bei der rund 1550 Vertreter der afghanischen Völkerschaften in Kabul eine Regierung bilden sollen, geschehen: Delegierte wurden ermordet, andere stünden unter kriminellen und fundamentalistischen Einflüssen.

Dabei wünscht sich die Vertreterin der Frauenrechtsorganisation "Revolutionary Association of Women of Afghanistan" (RAWA) nach bald 25 Jahren kriegerischer Unruhen nichts mehr als Frieden. "Den aber kann es in Afghanistan nur ohne die Fundamentalisten geben", so die RAWA-Mitarbeiterin, die aus Angst vor Repressalien nur unter Pseudonym auftritt.

Seit 1977 kämpft RAWA gegen die Unterdrückung von Frauen in Afghanistan, die unter der Herrschaft der Taliban ihren traurigen Höhepunkt erreichte: die völlige Entrechtung der Frauen. Sie durften keine medizinische Behandlung in Anspruch nehmen und wurden von jeglicher Art Bildung ferngehalten. Die Folgen: Über 80 Prozent aller Frauen könnten heute nicht lesen und schreiben. Das gleiche gelte für 50 Prozent der Männer. "Ein fruchtbarer Boden für Terroristen", machte die Frauenrechtlerin in ihrem Vortrag in Würzburg deutlich.

Seit dem 11. September 2001 stünde Afghanistan als "Zentrum des Terrorismus" im Mittelpunkt des Interesses. Dabei würden die Leiden der Menschen dort vergessen. Asad sparte nicht mit Kritik an den USA. Durch deren Kriegsführung habe die Bevölkerung erneut gelitten. Statt für Demokratie und Wiederaufbau zu sorgen, sei die Nordallianz unterstützt worden, die nicht weniger fundamentalistisch als die Taliban sei.

Als einseitig bezeichnete die Frauenrechtlerin westliche Berichte. Sie spiegelten zumeist die Lage in Kabul wider, wo es Frauen unter ausländischem Druck ermöglicht werde, die Burka, den Ganzkörperschleier, abzulegen, und zu arbeiten. Im restlichen Land aber herrschten für Frauen weiterhin katastrophale Bedingungen, sei Gewalt und Unterdrückung auch unter der Übergangsregierung an der Tagesordnung.

Stichwort

Rawa

Die "Revolutionary Association of Women of Afghanistan" (RAWA) setzt sich politisch (von Pakistan aus) und im sozialen Bereich für Frauenrechte in Afghanistan ein: Die rund 2000 Frauen unterrichten Mädchen in den Flüchtlingslagern, schaffen Arbeitsplätze für Witwen und unterhalten mobile Gesundheitsteams. Die Organisation, die mit dem Preis "Mona-Lisa-Frau des Jahres" des ZDF ausgezeichnet wurde, ist bis heute Repressalien ausgesetzt. Darum auch unterhält sie kein offizielles Büro. Weiter Informationen erhalten Sie im Internet unter: www.rawa.org






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